„Ohrenschmaus? Nein danke!“ – Otitis externa bei Hund und Katze
Was ist eine Otitis externa?
Eine Otitis externa ist eine Entzündung des äußeren Gehörgangs. Auf den ersten Blick klingt das nach etwas, das man mit Kamillentee und Wärmflasche in den Griff bekommt. Doch wer schon einmal versucht hat, einem Cocker Spaniel mit juckenden Ohren Ohrentropfen zu geben, weiß: Das ist kein Wellnessprogramm – das ist ein Actionfilm.
Symptome einer Ohrenentzündung
Sie fragen sich, ob Ihr Tier eine Ohrenentzündung haben könnte? Hier eine Checkliste typischer Symptome:
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Kopfschütteln
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Kratzen am Ohr oder am seitlichen Hals
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Kopfschiefhaltung
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Unangenehmer Geruch
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Ohrsekret am Ohreingang
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Rötung oder Schwellung der Ohrmuschel(n)
Die Übeltäter: Wer steckt hinter der Otitis externa?
Eine Ohrenentzündung hat immer eine Primärursache.
Eine Kollegin aus England wertete 2002 insgesamt 200 Fälle von Otitis externa beim Hund aus:
Paterson S. (2002): A review of 200 cases of otitis externa in the dog. Veterinary Dermatology 14, 249.
Die wichtigsten Primärursachen zusammengefasst:
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Allergien (Futtermittel, Umwelt, Kontaktallergien)
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Fremdkörper (z. B. Grannen, Sand)
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Parasiten (Demodexmilben, Ohrmilben)
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Obstruktionen wie Tumore oder Polypen
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Hormonelle Störungen (z. B. Schilddrüsenunterfunktion, Nebennierenüberfunktion)
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Immunvermittelte Erkrankungen (z. B. Pemphigus, Sebadenitis, Erythema multiforme, Vaskulitis, Medikamentenreaktionen)
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Idiopathische Ursachen (z. B. juvenile Zellulitis)
Zur Primärursache kommt häufig eine sekundäre Infektion mit Bakterien, Hefen oder Pilzen hinzu, die zusätzlichen Juckreiz und Schmerz verursachen.

Prädisponierende und perpetuierende Faktoren
Neben den Ursachen gibt es Faktoren, die eine Otitis externa begünstigen oder aufrechterhalten:
Prädisponierende Faktoren:
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Rassebedingte enge Gehörgänge, Schlappohren, Haare im Gehörgang
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Feuchtigkeit – vor allem bei „Wasserratten“
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Selbstverschuldete Verletzungen durch übermäßige Ohrreinigung oder Zupfen der Ohrhaare
Perpetuierende Faktoren:
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Chronische Veränderungen wie Verdickung oder Verkalkung des Gehörgangs
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Veränderungen der Schmalzdrüsen, übermäßige Ohrenschmalzbildung
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Biofilme (Schutzmechanismen von Bakterien/Hefen)
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Otitis media oder interna (Mittel- oder Innenohrentzündung)
Die Diagnose: Besuch bei der Dermatologin
Wenn eines oder mehrere der oben genannten Symptome auftreten, untersuche ich Ihr Tier gründlich, um aus den vielen möglichen Ursachen einen passenden Diagnostik- und Therapieplan zu erstellen.
Die Diagnostik umfasst:
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Allgemeine klinische Untersuchung
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Untersuchung von Haut und Ohren mittels Otoskop
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Zytologischer Abstrich unter dem Mikroskop – direkt in der Praxis

Bei Verdacht auf eine Entzündung des Mittel- oder Innenohrs folgt eine Computertomografie (CT) sowie eine Videootoskopie mit Ohrspülung in Narkose.
Die Therapie: Tropfen, Spülungen und Geduld
Die gute Nachricht zuerst: Eine Otitis externa ist behandelbar! Entscheidend ist, die Grundursache zu finden und konsequent zu managen.
Die Behandlung umfasst:
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Ohrreinigung mit speziell angepassten Reinigern
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Ohrentropfen (antibiotisch, antimykotisch oder entzündungshemmend – je nach Ursache)
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Systemische Medikamente gegen Schmerzen, Juckreiz oder Schwellung
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Chirurgie – nur bei stark veränderten Gehörgängen durch jahrelange Entzündung
Vorbeugung: Lieber früh handeln als spät reinigen
Viele Primärursachen sind chronische Erkrankungen. Ein „Flare“ (Auflammen der Entzündung) lässt sich nie ganz ausschließen, sollte aber möglichst selten sein.
Schwimmen ist weiterhin erlaubt – auch haarige Ohren sind kein Problem. Entscheidend ist:
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regelmäßige Ohrreinigung,
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antientzündliche Erhaltungstherapie,
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und regelmäßige Kontrollen, bevor ein großes Ohrdrama entsteht.

Und die Katze?
Für Katzen gilt ebenfalls das PSPP-System (Primär-, Sekundär-, prädisponierende und perpetuierende Faktoren). Allerdings unterscheiden sie sich durch einige anatomische Besonderheiten.
Primärursachen bei Katzen:
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Allergien
(Nur 6–17 % der allergischen Katzen entwickeln eine Otitis; beim Hund sind es 50–80 % bei Umwelt- und bis zu 70 % bei Futtermittelallergikern.) -
Parasiten (Ohrmilben, Demodexmilben)
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Obstruktionen (Polypen, Tumore, Zystadenomatose, Cholesteatom, Cholesterol-Granulom, PNOE)
Sekundäre, prädisponierende und perpetuierende Faktoren ähneln denen des Hundes.
Mittelohrentzündungen bei Katzen sind laut aktuellen Studien unterdiagnostiziert und sollten bei Verdacht mittels CT abgeklärt werden – nur so lässt sich eine erfolgreiche Behandlung sicherstellen.
Fazit
Ohrenentzündungen sind komplexer, als viele Tierhalter denken. Eine gründliche Diagnostik ist entscheidend, um Schmerzen und wiederkehrende Entzündungen zu vermeiden.
Gemeinsam – durch enge Zusammenarbeit zwischen Ihnen und unserem spezialisierten Team – entwickeln wir einen langfristigen Plan für mehr Wohlbefinden und deutlich weniger „heiße Ohren“.

